Stellungnahme zum Haushalt 2022

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!

Der vorliegende Haushaltsentwurf ist der mutigste, den wir bislang im Gemeinderat erlebt haben.

Und dabei sind wir als Grüne Fraktion zuversichtlich, dass sich der größte Teil der geplanten Investitionen direkt oder indirekt auszahlen wird. 

Insbesondere die Investitionen in erneuerbare Energien ist eine zukunftsweisende Chance für Ottersweier. Während aufgrund der Weltmarktsituation Gas- und Erdöl immer teurer werden und Haushalte und Unternehmen im Ort über teure Strom- und Gasbeschaffung immer stärker belasten, werden regenerative Energien immer günstiger.

Mit der Photovoltaik-Freiflächenanlage und den neu errichteten Anlagen auf den kommunalen Gebäuden können wir dem Preistrend entgegenwirken bzw. die Wertschöpfung im Ort halten.

Damit haben wir aber nur den ersten Schritt getan.

Wir als Grüne haben uns die vollständige CO2-Neutralität Ottersweiers bis 2030 und die Einhaltung eines CO2-Restbudgets als Ziel gesetzt. Hierzu müssen wir in den nächsten Jahren das Ausbautempo bei erneuerbaren Energien noch weiter forcieren.

Zielführend ist aus unserer Sicht die Errichtung von weiteren Photovoltaikanlagen auch mithilfe kommunaler Mittel und Bürger:innenbeteiligung. Potentiale bieten weitere kommunale Dachflächen und Freiflächen. Um die Begeisterung für einen zügigen Solarausbau auch bei privaten Dacheigentümer zu wecken, schlagen wir die Teilnahme am s.g. „Wattbewerb“ vor.

Da die Windkraft für die winterliche Versorgung der Zukunft zwingend erforderlich ist, werden wir außerdem die Behandlung dieses Themas im Gemeinderat beantragen. Eine Zusammenarbeit mit erfahrenen Windkraftbetreibern in der Region und umliegenden Kommunen ist anzustreben.

Auch der Geothermie-Nutzung möchten wir nicht voreingenommen begegnen, sondern bevorzugen eine öffentliche, fachliche und inhaltliche Diskussion.

Wir begrüßen die laufenden Wärmeplanungen zur Integration regenerativer Energien und das Vorhaben, Wärmenetze in Quartieren umzusetzen. Auch eine darüberhinausgehende Wärmeplanung halten wir für erstrebenswert.

Neben Energieeinsparungen im Wärmesektor, sehen wir im Bereich Mobilität die größten Potentiale zur Energieeinsparung im Gemeindegebiet. Dabei setzen wir weiterhin auf 3 Schwerpunkte:

Radverkehr: das Fahrrad darf nicht Verkehrsmittel zweiter Klasse sein. Wir schlagen vor, mit Hilfe des ADFCs Schwachstellen in der Radinfrastruktur in Ottersweier zu bewerten, um Maßnahmen abzuleiten. Wir freuen uns, wenn die ortsübergreifende Radinfrastruktur zügig ausgebaut wird.

ÖPNV: die Auslastung des ÖPNV lässt außerhalb der typischen schulischen Stoßzeiten zu wünschen übrig. Es ist dringend eine Marketing- und Informationskampagne erforderlich, um Attraktivität und Nachfrage zu steigern. Interkommunal möchten wir hier für größeres Engagement werben. Wir wünschen uns einzelne Aktionstage, an denen der ÖPNV kostenlos genutzt werden kann.

Elektromobilität: beim Ausbau der Ladeinfrastruktur ist die Gemeinde auf einem guten Weg. Der Grundstein für einen hohen Anteil an batterieelektrischen Fahrzeugen muss jetzt gelegt werden und ein stetiger Ausbau erfolgen.

2021 haben sich mehrere Gruppierungen gebildet. Mit dem Ziel, die Energiewende zu bewerkstelligen. Dies halten wir grundsätzlich für notwendig, um die gewaltige Herausforderung auch außerhalb der kommunalen Verantwortlichkeit zu bewerkstelligen. An dieser Stelle hoffen wir auf Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements aus allen Ratsfraktionen.

Schule und Kindergarten

„Kinder sind keine Fässer, die gefüllt, sondern Feuer, die entfacht werden wollen.“ François Rabelais (1484/93–1553, Priester)

Es ist wichtig, dass Kinder für das begeistert werden, was wirklich wichtig ist. Und was ist wichtiger als der Erhalt von Biodiversität und Boden im Sinne unserer Lebensgrundlagen?

Deshalb begrüßen wir es, wenn die Maria-Victoria-Schule auf dem Weg ist, Naturparkschule zu werden. Gerne unterstützen wir den Weg unserer Schulen, hin, zu noch mehr Umweltbildung und Ausbildung in den Naturwissenschaften. So kann die Attraktivität unserer Bildungseinrichtungen in der Region gestärkt werden.

In den letzten Jahren haben wir viel Geld in den Ausbau und die Sanierung unserer Kindergärten investiert. Und der Bedarf an Kindergartenplätzen steigt aktuell immer noch, wodurch die Raumkapazitäten erneut knapp werden. Eine Naturkindergarten-Gruppe schafft nicht nur eine kostengünstige Angebotserweiterung, sondern ermöglicht auch ein frühes Lernen und Erleben/Erforschen unserer Natur und Mitwelt. Die schnelle Umsetzung einer solchen Gruppe streben wir deshalb an.


Aber auch jenseits des Kindergarten-Schulalters ist Umweltbildung wichtig. Denn Vermüllung und Verschmutzung schaden letztlich nur uns selbst, indem sie Böden und Grundwasser belasten.

Auch zusätzliche Flächenversiegelung können wir uns eigentlich nicht mehr leisten. Hier stehen wir alle in der Verantwortung unseren Boden zu schützen. Eine Netto-Null-Flächenverbrauch muss das mittelfristige Ziel sein.

61% der Ottersweierer Fläche wird landwirtschaftlich genutzt und prägt unsere Kulturlandschaft. Sie dient einerseits der Produktion hochwertiger, regionaler Lebensmittel. Andererseits sollten wir sie auch als Chance für den Erhalt unserer Pflanzen- und Insektenvielfalt verstehen. Boden muss nachhaltig bewirtschaftet werden und kann zeitgleich als CO2-Senke fungieren. Die Vorteile in Folge einer nachhaltigen Bewirtschaftung, werden derzeit allerdings weder ausreichend entlohnt noch gewürdigt. Deshalb schlagen wir vor, Landwirte mit besonderem Engagement für Artenvielfalt  bei Ehrungsabenden zu würdigen.

Innerörtliche Lebensqualität

Bestimmte Folgen der Klimaerwärmung werden unausweichlich. So steht mit dem Regenrückhaltebecken eine Großinvestition an, die unser Leib und Leben vor Starkniederschlägen schützen soll.

Die andere Seite der Medaille werden Hitzetage und Tropennächte mit neuen rekordverdächtigen Temperaturen. Exemplarisch dafür steht das letzte Dorfbachfescht mit extremer Hitze und kaum sonntäglichem Umsatz. Extreme Hitze birgt insbesondere für unsere ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger und für Menschen mit Vorerkrankungen eine große gesundheitliche Gefahr. Dass alte und große Bäume die innerörtliche Temperatur um bis zu 12°C kühlen können, ist hinlänglich bekannt. Deshalb müssen wir jetzt vorsorgen und schlagen vor, 50 zusätzliche Bäume mit Bestandssicherheit auf innerörtlichen Flächen vorzusehen. Explizit verweisen möchten wir auch auf den Sonnenplatz, der dahingehende Potential bietet.

In moderierten und ergebnisoffenen Bürgerwerkstätten wurden mehrere Vorschläge für die künftige Nutzung des Sonnenplatzes erarbeitet und bei einer Informations-veranstaltung öffentlich vorgetragen. Dabei wurde im Wesentlichen folgende Ergebnisse präsentiert: Die Fläche soll mit Bäumen und Büschen begrünt werden, der Bachlauf soll durch eine Treppe o.ä. einbezogen werden. Der Sonnenplatz soll zudem zum Wohnen und Leben von Jung und Alt genutzt werden. Betreute Wohnreinrichtung für Menschen im höheren Alter schafft neuen Raum für ein menschenwürdiges Leben im Alter. Es soll eine Tiefgarage zur Reduzierung des Flächenverbrauchs gebaut werden.

Wichtig war Teilnehmern dabei der soziale Aspekt in Form einer Finanzierung durch eine Wohnbaugenossenschaft. Eine Wohnbaugenossenschaft ist ausschließlich den Mieterinnen und Mieter verpflichtet und gewährleistet so spürbar günstigere Mieten im Vergleich zum freien Markt. Die Errichtung und Vermarktung durch renditeorientierte Investoren, egal in welcher Form, lehnen wir demnach weiterhin ab.

Der Ball liegt nun beim Gemeinderat: Die Vorschläge sind auf in Punkto technischer Umsetzungsfähigkeit, sowie in Punkto Kosten auszuführen.

Viele Teilnehmer haben sich intensiv mit dem Thema befasst und besitzen teilweise auch Fachkenntnisse. Dieses Know-How möchten wir nutzen und die Workshop-Teilnehmer auch auf dem weiteren Weg eingebunden wissen.

Als weitere innerörtliche Großinvestition steht in den nächsten Jahren die Sporthallen-Sanierung an. Wir bitten hierzu die Gemeindeverwaltung, eine Facharbeitsgruppe aus Architekt, Gemeinderat, Vereine, Jugend, und Bildungseinrichtungen wieder ins Leben zu rufen, um Bedarfe zu eruieren und Kostenschätzungen zu aktualisieren.

Integration: Wir können noch mehr leisten, wenn wir Menschen mitnehmen und einbinden

Deshalb schlagen wir vor bzw. begrüßen wir:

  1. Jeglichen Ausbau von Kooperationen mit privaten Pflege-, Bildungs- und Betreuungseinrichtungen wie beispielsweise der Mooslandschule.
  2. Der Versuch der Wiederbelebung des Arbeitskreis Asyls durch die Gemeinde
  3. Die zusätzliche Einbindung von Jugendlichen bei politisch wegweisender Entscheidung
  4. Barrierefreie Spielgeräte auf Spielplätzen, welche durch alle Kinder genutzt werden können


Fazit zum Haushaltsplan

Die laufenden Ausgaben unserer Gemeinde können nur mit eingenommenem Geld bezahlt werden und das sind in der Hauptsache eingenommene Steuern und Abgaben. Die Steuerart mit der größten Schwankungsbreite ist hierbei die Gewerbesteuer. Hier ist uns sehr an einer Verstetigung des Steueraufkommens im Sinne einer planbaren Einnahmequelle für die Gemeinde gelegen. Wir brauchen ertragsstarke Gewerbebetriebe, die ihren Teil zur durchaus vorzeigbaren Infrastruktur von Ottersweier beitragen.

In 2020 & 2021 wurde aufgrund der Corona-bedingten unsicheren Finanzlage sozusagen mit angezogener Handbremse auf Sicht gefahren. Bereits begonnene und finanzierte Projekte wurden weitergeführt und vollendet, neue Projekte nur bei vorhandener Dringlichkeit angegangen. Etliche Vorhaben wurden zeitlich geschoben und somit Spielraum für ggfs. kurzfristig erforderliche Maßnahmen geschaffen. Jetzt ist es aber an der Zeit, mehrere Projekte final freizugeben und zu vollenden.

Die letzten zwei Jahren waren von einer Pandemie geprägt, welche zum Teil bereits existierende strukturelle Probleme verstärkt oder offengelegt haben. Dahingehend möchten wir zum Abschluss explizit allen Beschäftigten im Gesundheitssystem danken.

Wir stimmen dem Haushaltsplan geschlossen zu.

„Ich beschäftige mich nicht mit dem, was getan worden ist. Mich interessiert, was getan werden muss“ Marie Curie

Verwandte Artikel